Mihai Posada
(Rumänien)
/DER KÖRPER/
es sind keine Hähne und kein Läuten
in unseren Heizkörpern steigt rückartig das Wasser
es ist Nacht es hat geschneit es ist vier Uhr
ich bin mir ganz sicher – ich erkenn es am
hysterischen Bellen der Hunde
wimmernder Chor (in den Wohnungen) unter
schimmernden Sternen alle bellen gleichzeitig
wie aus dem Jenseits
er ist der Herr
und er
und er
und er
er ist mein Bruder
die Hitze verlässt der Zeit und steigt herab
die Unendlichkeit
ein Ei aus Licht in der Finsternis zum ersten Mal gelegt
ein Körper
häusliche Geografie des Gedächtnisses
materielle Anstrengung
Mitleid in der immateriellen Geschichte
die Anständigkeit indem sie sich im Fühlen verkörpert
gründet den Bau im steinernen Winkel
im Erdenschoss
begraben und beweint
für ihren Teil
erhält im Tod
vom Lichte Fleisch
/SAND/
der Körper des ersten Menschen
wie ein Tempel der Einsamkeit
verbarg eine Glocke
deren Zunge betäubt war
von der Droge
des feuerroten Mohns
ist dein Körper Geliebte vielleicht
eine Perle die einen
der sich drehenden Sanduhr gestohlenen
Korn verbirgt
/SINN/
wie eine Herde Ziegen
auch wenn ich sagen würde wie die Wolkenkratzer aus Rio
oder die libanesischen Zedernbäume
an deine Schultern deinen Busen
die Aushöhlung deines Bauches oder die Schamlocken
unaussprechlich würde ich doch denken
gekreuzigt zwischen Waagschalen
Hölle und Paradies Glanz und Finsternis Kunst und Hormonen
Totemismus ekelhafte Divination lebendig alles in allem
sei es auch die höchste Erkenntnis Kultur Zivilisation –
– einfach und rein in meinem Gehirn, dein denkender
Körper, wie einst
/EROTICA DOM : ESTICA/
wir bewohnen nur zeitweilig
einen Bergkamm
doch immer seltener
steigt der Tumult in uns herauf
in den Ferien
die Düfte gelegentlich
die Gedanken sogar unsere Säfte
vermischen sich
für kurze Zeit nachkomponierend
du wirst davonlaufen
in das Zimmer der verzauberten
Bilder / Regale voller Buchstaben
werden dich gastfreundlich empfangen
während im anderen Zimmern
die Drogen unser Leben abtrennen
wir verlassen danach am Morgen
dasselbe Haus, das wir
zeitweilig
bewohnten
auf einem Bergkamm
Für weber den roten
Roth Peter genannt
die Sehnsucht könnte der
wohlduftende Wolkenknäuel sein
von Weichsel- und Marillenblüten
im Januar
der Regen der Augenlider der fallend
das Licht teilt
ohne es zu verletzen
sie könnte eine Traurigkeit sein
jetzt, doch der Schnee der fallenden
Blütenblätter hinterlässt eine bittere Erinnerung
einen Duft auf der Zunge
wie eine Ahnung
noch lange danach
Aus den Werken:
Elegiile lui Semyaza (1993) und Anagnoze & Apocrife (1999).
Übersetzung aus dem Rumänischen von Liana Corciu
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Mihai Posada
Sein wirklicher Name: NICOLAE-MIHAIL BARBU.
In Hermannstadt-Sibiu (Siebenbürgen – Rumänien) im Jahre 1953 geboren.
Mannigfaltige literarische Tätigkeit. Besuchte die Volkskunstschule in Hermannstadt. Wurde öfters ausgezeichnet und prämiert für seine Zeichnungen, Aquarellen, Grafik und Ölgemälde.
Nebenbei auch Dichter. Als Autodidakt hat er bei Festspielen und Wettbewerben literarische Anerkennungspreise erhalten. Posada ist der Verfasser zweier Gedichtbände: Elegiile lui Semyaza (1993) und Anagnoze & Apocrife (1999), Acasă (2007).
Er ist Absolvent der Journalismus Abteilung der Universität „Lucian Blaga” (Sibiu-Hermannstadt) und zurzeit als Redaktionssekretär bei der Tageszeitung Tribuna in Sibiu-Hermannstadt tätig.
Nach dem Philologiestudium an der Hermannstädter Universität „Lucian Blaga” erwarb er den Doktortitel im Jahre 2005.
Es sind unter seiner Unterschrift auch eine Monografie über einen zeitgenössischen Schriftsteller: Laurenţiu Oprea – un spirit viu în Cetatea Transilvaniei (2005) und eine verdienstvolle Abhandlung (470 Seiten) mit dem Titel: Opera publicistică a lui Mircea Eliade (2006) erschienen.