Karlhans Frank
ALTE GESCHICHTEN NEU VERWIRRT
Die Schöne ist das Biest, hat die goldene Kugel
genommen, den Prinzen zum Frosch geküsst,
nahm ihn in die Hand, warf ihn an die Wand.
Halb zog sie sich aus und ihn an und zeigte ihm
das Ewigweibliche, tanzte den Siebenschleiertanz in
den siebenten Himmel, bis ihm sieben Sinne schwanden.
Sie hat in den süßen Apfel gebissen, diesen dennoch
auf der Fensterbank vergessen, dass sich das weiße
Fleisch um’s Kerngehäuse braun verfärbte.
Das heiße Herz hat sie ihm aus dem Leib gerissen,
barfuß darauf getanzt, es dann im Einweckglas
auf das Regal zu den anderen gestellt.
Von ihrem Zauberkamm berührt schluchzt er im
Vogelkäfig, wird später zur Sandsteinfigur,
vom Winde geschliffen und langsam verweht.
Er leidet wie weiland Werther und schaut
nicht die Felsenriffe, sie aber trinkt roten Wein
und lacht für‘s nächste Opfer … Hüte Dich …
ALLTÄGLICHE MYSTERIEN
1.
Socken vereinzeln sich. Mag sein,
Daß sie sich einfach nicht mehr
Riechen können nach so langer Zeit
Des Beisammenseins. Oder der einen
Ist die dünngescheuerte Ferse
Der anderen unerträglich geworden.
Sowieso weiß kein Mensch,
Ob der männliche Sock oder
Die weibliche Socke
Das Haus verlassen hat und wo das
Aus dem Sinn geratene Gesocks
Jetzt schweißt. Möglicherweise
Gibt es eine Insel irgendwo
Im Bermuda-Dreieck für
Flüchtige Socken, die sich
In bunten Verhältnissen paaren.
Ungestopft aber bleibt die Frage:
Gibt es ein Sockenscheidungsgericht?
2.
Dann die kleinen und großen Schlüssel,
Die sich im Laufe der Jahre neben
Brillengestellen und Knöpfen,
Döschen und Pfeifen und
Mutterlosen Schrauben,
Gestillten Uhren, aus der
Mode entlassenem Modeschmuck
Und langen Zigarettenspitzen
Häufen; Schlüssel, zu denen
Koffer, Safes und Schließfächer
Fehlen, zu denen es keine Autos,
Keller und Häuser gibt.
Sie murmeln in ihre Bärte
Unverständliche Berichte
Über Leichen und Schätze,
Die sie einst sicher
Verschlossen haben. Ob einer davon
Zum Zimmer in Blaubarts Palast paßt?
3.
Auch die Fotos von ganz und gar
Unbekannten Personen, die sich
In Schachteln versammeln und leise
Legenden murmeln. Zu der einen Frau,
Die dick vor einem verschneiten Haus
Steht, erzählen wir Nachgeborenen
Uns seit Jahren die Geschichte
Von der Großtante Elfriede,
Obwohl jeder von uns ahnt, daß
Auf dem Bild vielleicht Tante Anna
Oder deren Nachbarin von damals
In Ratingen, keinesfalls aber
Elfriede zu sehen ist. Vielleicht
Stellt die dicke Frau sich nachts
Dem auf ihr liegenden Mann mit
Zigarre links und Panamahut rechts
In Händen, der so lässig an
Einem Eisentor lehnt, vor. Wer
Versteht die vergilbte Sprache
Ererbter Fotos?
DA CAPO
Ich lausche Deinen Augen
Sie lügen so vertraut
Es sind so tiefe Seen
So grundlos grün so klar so
Kalt – und immer wieder
Falle ich hinein
WO SIND DIE CLOWNS ?
So schaun s’, die Clowns:
Mal ’nauf, mal ’nunter,
mal müd’, mal munter,
mal kreuz und quer,
mal leicht, mal schwer,
vor wie zurück in Leid oder Glück,
mal wie ’n Adler, dann wie ’ne Kuh …
Sie schauen letztlich wie ich und du.
CHRISTLICHES HAIKU
Zwei Fliegen, in der
Kirche auf dem Gebetbuch
kopulierend … – Ja!
BEI PHILIPPI SEHEN WIR UNS WIEDER
Mitesser, Mietläufer, Mitfahrer, die
stets auf fahrplanmäßige Züge der Geschichte
springen, werden nach etlichen Irrfahrten
schließlich da ankommen, wo sie nie hin wollten.
Weichensteller, Schienenbieger, Lokomotivpiraten
können so besetzte Züge nicht aufhalten.
HIMMELHOCH BETRÜBT
Im Frühjahr nisteten bunte Vögel
im Baum meiner Träume.
Der Sommer hatte heiße Tage, manchmal
ruhte ich im Schatten meines Baumes.
Im Herbst bewarf er mich mit Früchten,
süßen im Anfang, dann kamen die Wespen.
Mein Baum verlor seine Blätter
und die Vögel flogen weg.
Jetzt steht mein Baum kahl und schwarz..
Mich friert. Ich werde ihn abhacken.
Vielleicht wärmt er noch ein wenig.
DIALEKTISCHES AXIOM
Du bist in mir
und
ich kann mir nicht entfliehen.
SOMETIMES A PRINCE WILL COME
Ausweglos
habe ich mich
in dir verirrt.
In diesem Labyrinth
funkeln prächtig
Sterne über mir,
deren Namen
ich nicht kenne,
deren Bilder ich
nicht deuten kann.
Bin ich der Frosch,
der von einer deiner
Herzkammerwände
breiig tropfen wird?
Oder bin ich der Prinz,
der die Dornenhecke
durchdringt ohne
den Gesang der Rosen
zu stören?
ANGEBOT
Ich habe
zwei Hoden
und du hast
nicht einen.
Du darfst
mit meinen
spielen.
© karlhans frank
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Est né le 25 mai 1937 à Düsseldorf; † 25 novembre 2007 à Gelnhaar, Hessen, Allemagne.
Notre cher ami fut écrivain et régisseur. Il avait étudié l’ethnologie et l’histoire de beaux arts.
A partir de l’an 1961, il avait travaillé comme écrivain professionnel, et plus tard, comme régisseur et traducteur littéraire.
Karlhans Frank fut un auteur respecté et apprécié, un homme d’une grande générosité, qui a toujours aidé les autres. Il reste pour nous l’auteur de plus de 100 livres (poésie, prose, pièces de théâtre, livres pour enfants, etc).
Membre de VS (Verbandes deutscher Schriftsteller/ L’union des écrivains allemands), membre du P.E.N club allemand, président de la fondation européenne Die Kogge (écrivains et artistes qui s’expriment en allemand), Karlhans Frank avait travaillé également dans le cadre de la Faculté de télécommunications Hochschule der Medien, Stuttgart, en enseignant l’art de l’écrit et de la communication.
Il avait vécu à Gelnhaar, dans la banlieue de Francfort, où il est décédé en 2007, après une longue souffrance, d’un cancer du foie.