Joanna Lisiak
(Poland – Schweiz)
Vielleicht sind’s Sekunden
Die Fäden unserer Sätze weben sich
mit jedem Schluck Kaffee je tiefer je
dichter je bunter je loser die Maschen.
Hier unmittelbar in der Nähe dieser
Zweisamkeit zweier Freunde
wird Ferne spürbar.
Jene die sich in ihr spiegelt als sie
so davon blickt auf einmal mitten
aus der Unterhaltung heraus.
Nicht zufällig weicht sie durch den
Fensterausschnitt der sie offensichtlich
bezaubert auch eine willkommene
Abwechslung wäre zu einfach gedacht
denn es ist mehr es scheint dringlich
wie sie auf einmal sich mir entfernt.
Da flieht sie ohne sich zu bewegen
gerade deswegen bewegt sie mich
vielleicht zu jener Sehnsucht hin
dieser ewig namenlosen schleierhaften.
Das Gespräch verlagert sich.
Es geht über auf Blicke ohne Worte.
Es geht durch ihren Blick über auf
zwei stille Konturen.
Auf ihre auf meine auf ihr.
Sie ruht. Ihr Blick ruht.
Ich ruhe auf ihrem Blick mit.
Etwas ist mit uns.
Sie hält es mit ihrem Blick.
Verzerrung
Heimlich wurde Gewalt
angetan das Sprachlose
kapselte ein sich in Hülsen
stumm begann leisester
Vulkan zu brodeln nie
ausbrechend Träume von Phönixen
aus Aschen entstanden sie blieben
Träume erklangen als Dreiklang nicht
sie gliedern sich einzeln gestückelt
in Phönix in Asche in Flug.
Tiefenrausch
Wie Steiner Georg bin ich
Sammler von Stillen
sich dehnende mag ich
besonders manchmal
sprudeln sie steigen auf
wie irre Bläschen
in wattigen Gruben
entkernt sich meine Seele still.
Ich lausche der
akustischen Patina und
falle unsichtbar verbinde mich
gelegentlich wie ein Wassermolekül
auf der Schneedecke flüchtig.
Nichts dafür deutlich
purzelt sich zu mir hindurch
was sich verweigert legt sich
kalkweiss aus vor meine Füsse.
In deiner Kapsel erschrecken
Durch Weihnachtsgrüsse zu früh
ausgesprochene an der klaren Linie
noch nicht rot weil jemand den Mut hatte
die Wahrheit in den Mund zu nehmen
die jeder kennt im zarten Flaum
aufzucken innerlich bei der Nennung
deines Alters eine Verweigerung spüren
da die lang ersehnte Phantasie im Raum
steht und nicht mehr in dir ist im Fluss
starr werden weil Ich begann Es zu sein.
Der nackte Impuls Auslöser etwas
in dir einzukauern.
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Kurzvita
Joanna Lisiak, geboren 1971 in Polen. Diverse Einzel-Publikationen Lyrik, Kurzprosa und Dramatik. Zuletzt: „Besonderlinge – Galerie der Existenzen II“, Wolfbach, Zürich und „Klee composé – Lyrik mit Paul Klee“, dotbooks sowie Littera, München/Zürich. Ausserdem zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften. Joanna Lisiak schreibt Lyrik, Kurzprosa, Essays, dramatische Texte, inkl. Hörspiele und ist u.a. Mitglied des PEN. Joanna Lisiak ist auch Jazzsängerin (« The Island » mit Kirk Lightsey, Tiber Elekes, Florian Arbenz):
http://www.asphaltspuren.de/index.php/asp-im-gespraech/52-interview-mit-joanna-lisiak